Hübsch sanierte Gründerzeitbauten, schöne Cafés und eine Menge Klischees: Mal soll Prenzlauer Berg ein harmonisches Familienparadies sein, mal ein Wohnort für links-grüner Weltverbesserer, mal ein Hotspot für Gentrifizierung. Kaum ein Berliner Stadtviertel ist so berühmt wie Prenzlauer Berg. Wir klären auf, was an den Klischees dran ist und zeigen, warum Prenzlauer Berg (dennoch) eines der lebenswertesten Viertel Berlins ist.
Prenzlauer Berg ist ein Ortsteil des Bezirks Pankow im Nordosten Berlins und liegt größtenteils innerhalb des S-Bahn-Rings. In dem Ortsteil zwischen Gesundbrunnen, Weißensee, Friedrichshain und Mitte leben rund 165.000 Menschen.
Prenzlauer Berg: Eckdaten
In den Straßen um den Kollwitz- und Helmholtzplatz reihen sich gepflegte und mit Stuck verzierte Gründerzeitbauten in Pastellfarben aneinander, die Balkone sind häufig schön bepflanzt. Hier und da überspannen bunte Ketten die Straßen, alte Bäume ragen stolz in den Himmel. Die Straßen sind gepflegt und sauber.
War Prenzlauer Berg in der Wendezeit vor allem durch seine Hausbesetzerszene berühmt-berüchtigt, ist es heute ein etabliertes, gefragtes Wohnviertel. Neben Steglitz-Zehlendorf gehört der Ortsteil zu den Berliner Wohngebieten mit der größten zusammenhängenden Gründerzeitbebauung.
Prenzlauer Berg hat den Sprung vom Arbeiterviertel zur bürgerlichen Wohngegend lange hinter sich. Zwar alternativer als Mitte und definitiv hipper als Spandau oder Reinickendorf ist Prenzlauer Berg dennoch weit entfernt davon, ein buntes Multikulti-Wohnviertel wie etwa Wedding oder ein Szenekiez wie Friedrichshain zu sein. In den Cafés und auf den gepflegten Straßen sind Familien und junge Berufstätige unterwegs, auch viele Neuberliner ziehen hier her. Das Publikum ist international, auf den Straßen hört man Englisch, Französisch und Spanisch.
Wofür Prenzlauer Berg steht
- Hübsche Cafés
Prenzlauer Berg hat sich für seine Gastronomieszene und hohe Café- und Restaurantdichte einen Namen gemacht. Kleine gemütliche Cafés, größere Kaffeehäuser, Familiencafés oder hippe Coffee Houses brühen eine Vielzahl an Café-Spezialitäten und bieten vielerlei Kuchen an. Auch gute Restaurants und renommierte Cocktailbars gibt es hier. Das Angebot, die Klientel und die Stimmung sind bürgerlich-hip: Es gibt Hafermilch Macchiato und Avocado-Toast zu mittleren bis höheren Preisen und außergewöhnliche, aber nicht ganz verrückte Eissorten.
- Familienviertel
Prenzlauer Berg ist als Familien- und familienfreundliches Viertel bekannt. Er gilt als einer der jüngsten Ortsteile Europas. Auf der Straße sind viele Familien unterwegs, Lastenfahrräder und Kinderwägen gehören zum allgegenwärtigen Straßenbild und fröhliche Kinderstimmen zum Sound des Ortsteils. Die Infrastruktur für Familien ist entsprechend gut: Viele Kindergärten und Kitas, auch mehrsprachige, gibt es hier und viele Spielwaren- und Kleidergeschäfte bieten ihre bunten Waren an.
- Prominenten-Hotspot
Die hohe Lebensqualität zieht auch zahlreiche Prominente nach Prenzlauer Berg. Während in ganz Berlin viele Berühmtheiten aus Film und Musik zuhause sind, soll die Promi-Dichte in Prenzlauer Berg besonders hoch sein. Wer hier lebt, dürfte häufiger mal ein bekanntes Gesicht sehen.
- Bio-Paradies
Gemeint ist Bio in allen Daseinsformen, Nahrungsmittel, Kleidung und andere Produkte wie Spielzeug. Es ist ein berühmtes Klischee über Prenzlauer Berg, dass Bio-Produkte bei den hier lebenden Familien besonders gefragt sind. Prenzlauer Berg verfügt tatsächlich über eine hohe Dichte an Biosupermärkten. Nach aktuellem Stand (2021) gibt es in dem Ortsteil mindestens 15, zusätzlich einen Bio-Wochenmarkt und viele Läden, die ökologische Kindermode und Spielzeug anbieten. Ein großes oder wachsendes Bio-Angebot gilt als Zeichen von Gentrifizierung – zumindest aber als Zeichen für eine große umweltbewusste, zahlungskräftige Klientel.
- Freizeitvergnügen: Ruhig und kulturviert
In Prenzlauer Berg geht man kultiviertem Freizeitvergnügen nach: Nach Feierabend testet der Prenzlberger die neusten Cafés, schlendert durch hübsche kleine Läden, geht in den Park, ins Kino oder ins Theater. Clubs gibt es kaum, die bekannteste und eine der wenigen Partylocations ist die Kulturbrauerei mit dem Frannz Club und dem Soda Club.
- Parks: Politik und Secondhand
Eine weitere wichtige Komponente des Freizeitvergnügens in dem innerstädtischen Ortsteil die Parks. Neben dem Mauerpark zwischen Eberswalder Straße und Schönhauser Allee liegt auch der kleinere Ernst-Thälmann-Park in dem Ortsteil. Er dürfte vor allem für das imposante bronzene Ernst-Thälmann-Denkmal bekannt sein, dass sich auf einem Plateau an der Greifwalder Straße erhebt. Es erinnert an Ernst Thälmann, letzter Vorsitzender der Kommunistischen Partei Deutschlands, der 1944 im KZ Buchenwald ermordet wurde. Wie Berlin mit dem Denkmal verfahren soll, wurde jahrelang diskutiert. Geplant ist nun, das Areal umzugestalten und dort Informationen zur geschichtlichen Einordnung anzubieten.
Ebenfalls beliebt: Flohmärkte. Der Flohmarkt im Mauerpark ist eine Institution am Sonntagmorgen und ein beliebtes Ziel für Berliner und Touristen. Bei gutem Wetter drängen sich viele Menschen um die zahlreichen Stände, an denen sowohl Privatpersonen auch als kommerzielle Händler ihre Stücke anbieten. Leckeres Streetfood aus aller Welt gibt es außerdem. Und im Sommer wird neben dem Park Karaoke gesungen.
Im Nordosten des Ortsteils liegt außerdem der eher unbekannte Volkspark Prenzlauer Berg. Das weitläufige Areal bietet einen Abenteuerspielplatz und im Winter die Möglichkeit, Schlitten zu fahren.
Wohnungsmarkt
Pankow: Nachfrage übertrifft Angebot
Sowohl in Prenzlauer Berg als auch in Gesamt-Pankow bleibt das Wohnangebot weit hinter Nachfrage zurück. 2021 etwa zogen knapp 2.500 Menschen in den Bezirk im Nordosten. Im Vorjahr wurden allerdings nur 1.393 Wohnung fertiggestellt und 825 genehmigt.
Schon in den vergangenen Jahren haben die Mietpreise im Bezirk ordentlich zugelegt: Der Wohnmarktreport von CBRE und Berlin Hyp macht 2021 im Vergleich im Vorjahr einen Anstieg von mehr als 10 Prozent aus. Die Miete liegt im Mittel bei 11,59 Euro pro Quadratmeter nettokalt – und damit deutlich über dem Berliner Wert von 10,50 Euro.
Mieten in Prenzlauer Berg auf Mitte-Niveau
In Prenzlauer Berg werden in den Wohngebieten, die an Mitte grenzen, die höchsten Mieten verlangt. Südlich von Wichertstraße und Storkower Straße bzw. südlich des S-Bahn-Rings werden in Wohnungen in Mehrfamilienhäusern 14 Euro und mehr gefordert. Damit liegen sie in der gleichen Kategorie wie Mitte, Teile Friedrichshain-Kreuzbergs und Charlottenburgs. Das sind Mittelwerte, für Neubauwohnungen und schön sanierte Altbauwohnungen klettern die Quadratmeterpreise häufig deutlich höher. In einem Neubauprojekt in der Nähe des Mauerparks wurden im Sommer 2022 bis zu 23 Euro kalt pro Quadratmeter verlangt.
Gentrifizierung und Milieuschutz
Der einstiege Hausbesetzer-Kiez ist wegen der hohen Mieten heute auch ein Sinnbild für Gentrifizierung. Um starke Mietsteigerungen und sogenannte Luxussanierungen zu verhindern, hat der Senat in Prenzlauer Berg neun Milieuschutzgebiete erlassen. Im gesamten Bezirk Pankow gibt es nur 13. Der Senat hat hier auch bereits sein Vorkaufsrecht geltend gemacht (zwischenzeitlich wurde dieses Instrument vom Bundesverwaltungsgericht gekippt). Bisher sollen zudem auch erst ca. ein Drittel der Altbauten in Prenzlauer Berg saniert sein.
Kritische Stimmen monieren, dass die Mieten in dem schönen Ortsteil für Normalerverdiener längst nicht mehr erschwinglich sind. Kritik, die sich der Ortsteil mit weiteren Innenstadtbereichen Berlins wie auch internationalen Metropolen wie London und Paris teilt. Fakt ist aber auch: Die hohen Mieten treffen in Prenzlauer Berg auch auf eine große Gruppe mit relativ hoher Kaufkraft. In den Postleitzahlengebieten des Ortsteils liegt die Kaufkraft im Bereich des Berliner Schnitts von 3.304 Euro je Haushalt. Im südlichen Prenzlauer Berg im Bötzowviertel und im Winsviertel liegt sie mit 3.558 Euro sogar deutlich höher.
Ausblick: Bevölkerungsprognose positiv
Dass die Nachfrage nach Wohnungen im schönen Prenzlauer Berg in den kommenden Jahren abnehmen wird, danach sieht es derzeit nicht aus. Im Gegenteil: Für den gesamten Bezirk Pankow geht die Bevölkerungsprognose von einem Plus von 11 Prozent bis 2030 aus. Zwar verteilen sich die Zuzügler über den Bezirk, der sich von der Grenze zu Mitte bis in das grüne Berlin-Buch im Norden erstreckt. Prenzlauer Berg mit seiner Strahlkraft dürfte aber besonders viele Neu-Pankower aus dem In- und Ausland anziehen.
Weg in die Zukunft: Entwicklungsprojekte in Prenzlauer Berg
Auch im dicht bebauten Prenzlauer Berg passiert noch viel. Zum Beispiel in der ehemaligen Bötzow Brauerei zwischen Prenzlauer Allee und Saarbrücker Straße. Alte Brauereigelände zu revitalisieren hat im Ortsteil ja bereits Tradition. Auf dem Gelände der historischen Brauerei Julius Bötzow entsteht der Bötzow Campus. 1945 wurde der Brauereibetrieb eingestellt, seitdem liegt das Gelände größtenteils brach. Geplant ist nun ein Medizin-Campus für den Medizintechnik-Hersteller Ottobock. Die Cafés, Restaurants und freien Plätze, die ebenfalls geplant sind, sollen aber für alle zugänglich sein. Auch Wohnungen sollen gebaut werden.
Auch an der Schönhauser Allee soll einem alten Gebäude neues Leben eingehaucht werden. Das Kino Collosseum war noch bis vor Kurzem in Betrieb, musste mit der Coronapandemie aber Insolvenz anmelden. Mit Ausnahme des denkmalgeschützten Kern aus dem Jahr 1924 soll das Gebäude nun abgerissen werden. Im Neubau sollen Büroflächen für Berliner Medienunternehmen entstehen. Filme wird man an dem Standort weiterhin sehen können: Das historische Premierenkino soll auch erhalten bleiben, gegebenenfalls soll ein weiterer Filmvorführraum entstehen.